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Prof. Dr. Ewer: „Keine Entwarnung, Risiken gerade für 2021 bleiben.“

Die Ergebnisse der BFB-Konjunkturumfrage Winter 2020 zeigen: Die bisherige Bilanz des Corona-Jahres 2020 ist für vier von zehn Freiberuflern bitter.

„Gerade entlang von Vergleichswerten der Konjunkturumfrage aus dem Vorjahr zeigt sich das Ausmaß der Krise bei den Freien Berufen. Während Teile der Freien Berufe nach wie vor enorm gefordert sind, um die Folgen der Pandemie abzuwehren, ist die Lage bei anderen Freiberuflern unvermindert kritisch. Aus diesen Werten ist zwar eine leichte Entspannung gerade gegenüber dem vorläufigen Krisenhöhepunkt während des Lockdowns im Frühjahr abzulesen, aber angesichts der seit November greifenden und nun nochmals verschärften Einschränkungen, die im Befragungszeitraum noch nicht zu spüren waren, dürfte sich die Lage wieder zuspitzen“, so BFB-Präsident Prof. Dr. Wolfgang Ewer zu den Ergebnissen der Umfrage.

Und sagt weiter: „Die Gruppe derjenigen, die ihre momentane Geschäftslage als schlecht bewerten, hat sich fast verdoppelt, von elf Prozent im letzten Winter auf jetzt 20,3 Prozent. Auch mit Blick auf das kommende Halbjahr sind die Freien Berufe verhaltener als vor einem Jahr: Der Anteil derjenigen, die in den nächsten sechs Monaten eine ungünstigere Entwicklung erwarten, hat sich fast verdoppelt, von 16,5 Prozent im Winter 2019 auf nunmehr 29,6 Prozent. Dies wirkt auch auf die Personalplanung ein: 14,2 Prozent der befragten Freiberufler erwarten, in zwei Jahren weniger Mitarbeiter zu haben.

So ist die bisherige Bilanz des Corona-Jahres 2020 für vier von zehn Freiberuflern (45,6 Prozent) bitter. Bei ihnen hat sich die Lage im Vergleich zu 2019 verschlechtert. Für 25,3 Prozent von ihnen ist der bisher entstandene wirtschaftliche Schaden bereits existenzbedrohend. Weitere 13,8 Prozent befürchten dieses Szenario 2021. Dies basiert auf einem merklichen Auftragsrückgang seit März von mehr als der Hälfte, der jeden dritten Freiberufler trifft. Nachdem bereits Stellen abgebaut werden mussten, sind derzeit weitere rund 140.000 Stellen bedroht. Die Krise geht an die Substanz. Um sie abzufedern, hat jeder dritte Betroffene betriebliche Rücklagen eingesetzt, 7,5 Prozent sogar seine Altersvorsorge.

Die Freien Berufe haben ihre digitalen Angebote ausgeweitet. Gleichwohl ist das Vertrauensverhältnis zu ihren Patienten, Mandanten, Klienten und Kunden essenziell, hier ist der digitale Dialog eine Ergänzung, auf keinem Fall ein Ersatz.

In der Einschätzung ihrer aktuellen Lage tritt eine gewisse Abhärtung ein. Dafür verdunkelt sich der Blick auf das kommende Jahr. Bei Teilen, weil sie sich von Monat zu Monat durchgekämpft haben und nicht noch lange werden durchhalten können. Teils auch, weil sie, wenn auch nicht für sich, ein kritisches wirtschaftliches Umfeld durch Insolvenzen befürchten.

Die Risiken dauern an und die Freien Berufe bleiben skeptisch. Die Zeichen stehen also weiterhin nicht auf Entwarnung. Die Politik ist gefordert, mit überlegten Konzepten nicht nur Planungssicherheit zu geben, sondern auch Zuversicht zu befördern.“

Ergebnisse der BFB-Konjunkturumfrage Winter 2020 im Einzelnen

Aktuelle Geschäftslage

Ihre aktuelle Geschäftslage schätzen 42,7 Prozent der befragten Freiberufler als gut ein, 37 Prozent als befriedigend und 20,3 Prozent als schlecht. Verglichen mit den Vorjahreswerten trübt sich die Stimmung merklich ein: Im Winter 2019 beurteilten 45,4 Prozent der Befragten ihre Lage als gut, 43,6 Prozent als befriedigend und elf Prozent als schlecht.

Alle vier Freiberufler-Gruppen bewerten ihre aktuelle Lage schlechter als im Vorwinter. Die Freiberufler im technisch‐naturwissenschaftlichen Bereich und die rechts‐, steuer‐ und wirtschaftsberatenden Freiberufler sind verhaltener, die freien Heilberufe und gerade die freien Kulturberufe noch mehr.

Sechs‐Monats‐Prognose

11,9 Prozent erwarten eine günstigere Entwicklung, 58,5 Prozent einen gleich bleibenden und 29,6 Prozent einen ungünstigeren Verlauf. Auch hier verändern sich die Werte gegenüber dem Vorwinter merklich. 17,7 Prozent rechneten mit einer günstigeren, 65,8 Prozent mit einer gleich bleibenden und 16,5 mit einer ungünstigeren Entwicklung.

Alle vier Freiberufler‐Gruppen sind skeptischer als im Vorwinter: Die rechts‐, steuer‐ und wirtschaftsberatenden und technisch‐naturwissenschaftlichen Freiberufler sind zurückhaltend, die freien Kulturberufe und die freien Heilberufe sind noch weniger zuversichtlich.

Personalplanung

14,2 Prozent rechnen mit weniger Beschäftigten, 72,7 Prozent gehen davon aus, gleich viele Mitarbeiter zu beschäftigen und 13,1 Prozent erwarten, mehr Mitarbeiter zu haben. Die Zahl derjenigen, die befürchten, Stellen abbauen zu müssen, ist gestiegen, sie lag im Vorjahr bei 9,3 Prozent. 80,7 Prozent rechneten seinerzeit damit, gleich viele Mitarbeiter zu haben und zehn Prozent erwarteten Neueinstellungen.

Konjunkturbarometer

Auch hier zeigt sich gerade im Zeitverlauf das Ausmaß der Krise und sind die negativen Auswirkungen klar zu erkennen. Das Geschäftsklima sinkt auf ein sehr niedriges Niveau. Dies vor allem, weil die Geschäftserwartung so schlecht ausfällt, diese ist deutlich negativer als etwa beim verarbeitenden Gewerbe.

Aktuelle Auslastung der Kapazitäten

Auch hier sind die Spuren der Krise zu vermessen und schlägt eine im Durchschnitt rückläufige Auftragslage durch. Für 17,4 Prozent der Befragten sind ihre Kapazitäten bereits überschritten. Im Vorwinter war der Wert mit 31,6 Prozent nahezu doppelt so hoch. 46 Prozent sind zu mehr als 75 Prozent bis zu 100 Prozent ausgelastet, 16,9 Prozent zu mehr als 50 Prozent bis zu 75 Prozent, 9,6 Prozent zu mehr als einem Viertel bis zur Hälfte und 10,1 Prozent bis zu einem Viertel.

Perspektivische Auslastung

Von denjenigen, die bereits überausgelastet sind, sind bei 76,7 Prozent die Kapazitäten bis zu einem Viertel überschritten. Bei knapp jedem Fünften zu mehr als einem Viertel bis zur Hälfte und bei 3,8 Prozent um mehr als die Hälfte.

Sonderteil vorläufige Corona-Bilanz 2020

Vergleich der wirtschaftlichen Lage 2020 zu 2019

45,6 Prozent der befragten Freiberufler gaben an, dass sich die wirtschaftliche Lage verschlechtert hat. 7,7 Prozent konnten das nicht einschätzen. Bei 31,7 Prozent gab es keine Veränderungen und bei 15 Prozent verbesserte sich die Lage.

Existenzbedrohung

Aktuell

Für jeden vierten Freiberufler (25,3 Prozent) ist der bisher entstandene wirtschaftliche Schaden existenzbedrohend, für 74,7 Prozent nicht. Nach einer leichten Entschärfung im Sommer spannt sich die Lage wieder an.

2021

Für das nächste Jahr sind die Freiberufler skeptisch: Weitere 13,8 Prozent erwarten, dass der wirtschaftliche Schaden dann für ihr Unternehmen existenzbedrohend wird. 25,4 Prozent können dies derzeit nicht abschätzen. Hier hat sich der Wert gegenüber vorherigen Umfragen nochmals verschlechtert.

Auftragsrückgang

Seit März verzeichnen elf Prozent der Befragten einen Auftragsrückgang von mehr als 75 Prozent. Bei 24,7 Prozent liegt er bei über 50 bis 75 Prozent. Das sind in Summe verglichen mit korrespondierenden Umfragen die höchsten Werte seither.

Stellenabbau

Weitere 140.000 Arbeitsplätze in Freiberufler-Teams sind in Gefahr.

Erwartete Normalisierung der Geschäftstätigkeit

Bei rund der Hälfte der Freiberufler (51,6 Prozent) normalisierte sich das Geschäftsleben im Befragungszeitraum. 18,1 Prozent erwarten dies erst, nachdem ausreichende Mengen Impfstoff verfügbar sind.

Zahlungsausfälle

49,2 Prozent der befragten Freiberufler kämpfen seit März nicht mit Zahlungsausfällen von Kunden, 38,9 Prozent eher selten, 7,9 Prozent häufig und vier Prozent sehr häufig.

Maßnahmen (Mehrfachnennung möglich)

Um die Krise abzufedern, setzten 34,5 Prozent der befragten Freiberufler Rücklagen ein und 1,3 Prozent veräußerten Betriebseigentum. 7,5 Prozent waren gezwungen auch ihre Altersvorsorge einzusetzen, so sie darauf zurückgreifen konnten. 22,1 Prozent stoppten Investitionen und 7,1 Prozent ergriffen weitere Rationalisierungsmaßnahmen.

23,9 Prozent bauten Urlaub und Überstunden ab. 12,3 Prozent beantragten Kurzarbeitergeld für ihre Mitarbeiter.

Liquiditätshilfen nutzten 21,5 Prozent, Corona-Kredite 5,6 Prozent.

Digitalisierung

29,1 Prozent weiteten ihre digitalen Angebote aus, indem sie ihre Leistung, wo möglich, beispielsweise in Videoformaten erbrachten.

Persönliche Bindung

Seit März verschlechterte sich die persönliche Bindung zu ihre Patienten, Mandanten, Klienten oder Kunden für ein gutes Viertel (26,3 Prozent). Bei vier Prozent verbesserte sie sich, für 69,7 Prozent blieb sie gleich.

Über die Umfrage

Repräsentative Umfrage des Instituts für Freie Berufe (IFB) im Auftrag des BFB vom 21. September bis 1. November 2020 unter rund 1.200 Freiberuflern zur Einschätzung ihrer aktuellen wirtschaftlichen Lage, der voraussichtlichen Geschäftsentwicklung in den kommenden sechs Monaten, ihrer Personalplanung und Kapazitätsauslastung durchführte. Im Sonderteil wurden überdies eine Zwischenbilanz des bisherigen Corona-Jahres 2020 gezogen. Die Daten wurden also im Wesentlichen erhoben, als die seit November einsetzenden und nun nochmals verschärften Einschränkungen noch nicht griffen.